Besonderheiten der Afrika-Krimis
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Besonderheiten der Afrika-Krimis

Gibt es überhaupt einen "afrikanischen" Krimi? Klar, es gibt Afrika als Schauplatz der fiktiven Handlung und Autoren, die dort geboren wurden. Es gibt aber auch die, die irgendwann eingewandert sind und solche, die in Afrika geboren, aber heute in den USA oder anderswo leben. Insofern könnte es schwierig werden, wenn man sich auf die Suche nach dem "authentischen" Afrika-Krimi begibt. Außerdem gibt es die "globalen" Krimis, bei denen Afrika eher Kulisse ist, deren Plot auch genauso gut in jedem anderen Land der Welt spielen könnte. Straßenkinder und Psychopathen sind leider auch global verbreitet. Insofern ist nicht nur in Afrika das Leben ein Krimi.

Auch die generelle politische Dimension des Krimis ist nicht ländergebunden: Katja Meintel ernennt ihn zu einem demokratischen Genre:

Krimis schildern meistens eine Geschichte, in der die Gemeinschaft in irgendeiner Form einer Bedrohung ausgesetzt ist, die der Protagonist dann abwendet.

Kriminalromane erlauben es eher als wissenschaftliche Studien, das Funktionieren von Institutionen und konflikthafte Interaktionen darzustellen. Sie zeigen außerdem die ganz konkreten Handlungsspielräume des Einzelnen innerhalb der kulturellen Rahmenbedingungen. (Meintel, S.43)
Eine Voraussetzung für das Entstehen einer länderspezifischen Kriminalliteratur scheint die Ausbildung urbaner Zentren und rechtsstaatlicher Strukturen zu sein. Daher entstanden die ersten Krimis im subsaharischen Afrika erst Ende der 1960er Jahre. Auch wenn die Krimis auf dem "Dorf" spielen, werden die Fälle meist von angereisten "Städtern" gelöst. Das Lesepublikum schließlich ist in der Regel auch ein städtisches. (Meintel, S.15, 57, 59, 75).

Was könnte nun trotzdem das Besondere an afrikanischen Krimis sein?

Da sind die "Schwäche des Staates und die Abwesenheit rechtsstaatlicher Strukturen" (Meintel, S.57). Wobei Korruption und die Inkompetenz von Polizei und Justiz wiederum nicht spezifisch afrikanisch sind. Der praktische Alltag der Polizei ist aber tatsächlich ein ganz anderer. Wie kommt man schnell zum Tatort oder zu Zeugenbefragungen? Es stehen weder Hubschrauber noch hochspezialisierte Kriminaltechniker bereit, Laboruntersuchungen dauern nicht Tage, sondern Wochen usw. Angesichts der oft schlechten Ausstattung und geringen Bezahlung sind die Herausforderungen an die Integrität der Kommissare sehr viel größer als in Europa. Aus politischer Sicht besonders sind vielleicht die internationalen Machtrelationen insbesondere was den ungleichen Zugriff auf die reichhaltigen und wertvollen natürlichen Ressourcen Afrikas betrifft. Vom Sozialen her gedacht ist die Grenze zwischen Normalität und Leiden, zwischen Verbrechen und Überlebenssicherung im Alltag oft eine andere. Die Kleinkriminalität von Straßenkindern etwa wird mit Nachsicht behandelt. (Meintel, S.45)

Und nicht zuletzt bringt die Vielsprachigkeit der afrikanischen Gesellschaften eine komplexe linguistische Situation mit sich. (Meintel, S. 57) Und seien es auch nur Ausrufe des Erstaunens oder Ärgers in lokalen Sprachen. Einige der Kriminalromane haben daher auch ein Glossar zur Erläuterung der afrikanischsprachigen Begriffe und kulturellen Konzepten. Was die Kultur allgemein betrifft, mögen manche religiösen Vorstellungen der afrikanischen Bevölkerungen fremd anmuten.

Der größte Unterschied ist vermutlich aber tatsächlich der unterschiedliche Alltag:





Literatur



Übersicht
  1. Einleitung
  2. Empfehlungen: Alexander McCall Smith, Andrew Brown, Malla Nunn, Nii Parkes
  3. Empfehlungen: Kwei Quartey, Bernhard Jaumann, Deon Meyer, Tom Cain, Edi Graf
  4. Vielfalt der Afrika-Krimis
  5. Besonderheiten der Afrika-Krimis

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zuletzt geändert am 26. September 2022

Kontakt

Dr. Aïsha Othman
Spezialsammlung Afrika
Tel: 069/ 798-39246
a.othman[at]ub.uni-frankfurt.de
slg-afrika[at]ub.uni-frankfurt.de

Lesesaal Spezialsammlungen
Mo. - Fr. 10.30 - 16.30 Uhr
Tel.: 069/ 798-39398
ls-spezialsammlungen[at]ub.uni-frankfurt.de

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