Zur Zukunft des Uni-Kinos. Podiumsdiskussion & Finissage
07.03.2024, 18 Uhr
Nach über 70 Jahren Geschichte des Uni-Kinos am und um den Campus Bockenheim stellt sich die Frage: Gibt es eine Zukunft der Pupille? Wo und wie wird sie sein? Wird dafür ein Ort am Campus Westend entstehen? Bleibt in Bockenheim ein offenes Haus (auch) für Filme erhalten? Alle, die im Studierendenhaus Filme schauen und zeigen, müssen sich deshalb fragen: Was für ein Kino brauchen, können und wollen wir machen und behalten? Zum Abschluss der Ausstellung „Bilder werfen“ wollen wir diese und andere Fragen diskutieren und irgendwo zwischen Bauverordnungen und Kinoträumen zusammen ein paar Antworten finden.
An der Podiumsdiskussion nehmen teil:
- Gaby Babić, Kinothek Asta Nielsen e.V.
- Michaela Filla-Raquin, Offenes Haus der Kulturen e.V.
- Sophie Osburg, Pupille e.V. - Kino in der Uni
- Mitglied des AStA-Vorstand Uni Frankfurt (t.b.a.)
- Gregor Maria Schubert, Co-Festivaldirektor LICHTER Filmfest Frankfurt International
Die aus einem Seminar resultierende Ausstellung erkundet die Geschichte studentischer Filmkultur an der Goethe-Universität, die in ihrer mehr als siebzigjährigen Geschichte von einer Vielzahl von Gruppen mit sehr unterschiedlichen Zielsetzungen und jeweils eigenem Selbstverständnis geprägt wurde - seit der Gründung des "Film-Studio“ im Jahr 1951 bis zum aktuellen Pupille-Kino.
In diesem Zeitraum wurden unterschiedliche Konzepte von Programmarbeit verfolgt, es wurden Filme gedreht, filmhistorische Ausstellungen gezeigt und Ansätze universitärer Filmwissenschaft mitentwickelt. Es wurde eine hauseigene Zeitschrift herausgeben - die weit mehr als lokale Bedeutung erlangte. Mit anderen Gruppierungen, wurde um filmpolitische Positionen gestritten, gelegentliche Skandale ausgelöst, wechselnde Orte und Räumlichkeiten bezogen und immer wieder auch um den Erhalt eines Uni-Kinos gekämpft.
Die Ausstellung präsentiert ausgewählte Ergebnisse der Grabungsarbeiten zu diesem Teil der Frankfurter (Uni-)Geschichte. Sie ist in Kooperation mit dem Masterstudiengang "Filmkultur: Archivierung, Programmierung, Präsentation" am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Goethe-Universität entstanden. Ein "Gastspiel" der Kinothek Asta Nielsen stellt den kürzlich übernommenen Vorlass von Hildegard Westbeld und den Chaos-Filmverleih vor.
Das Projekt wurde geleitet von Bettina Schulte Strathaus und Johannes Prätorius-Rhein, Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft, Goethe-Universität Frankfurt.
Kuratorisches Team: Michael Bungardt, Johanna Fieberling, Feven Haile, Valentin Herleth, Franziska Kohler, Johannes Maithert, Simon Oetken, Johannes Prätorius-Rhein, Bettina Schulte Strathaus
Eine Filmreihe (in Kooperation mit der Pupille) flankiert die Ausstellung.
Ausstellung
01.12.2023 - 28.02.2024
Dienstag - Freitag: 13.00 - 20.00 Uhr
Samstag u. Sonntag: 10.30 - 18.00 Uhr
Montags geschlossen.
Vernissage: 30.11.2023, 18 Uhr im Schopenhauer-Studio
Finissage: 07.03.2024, 18 Uhr im Schopenhauer-Studio
Führungen
Fr, 26.01.2024 um 13 Uhr: Führung durch die Ausstellung
So, 11.02.2024 um 12 Uhr: Rundgang Campus Bockenheim (inkl. Ausstellung)
Sa, 24.02.2024 um 14 Uhr: Führung durch die Ausstellung
Bitte melden Sie sich spätestens am letzten Werktag vor der Führung unter ag-schopenhauer-studio@ub.uni-frankfurt.de an!
Rahmenprogramm
Screening von "Madame X - eine absolute Herrscherin"
In Kooperation mit der Kinothek Asta Nielsen. In Anwesenheit ehemaliger Mitglieder des Frauenkinos FFM (angefragt).
Madame X, die Herrscherin des Chinesischen Meeres (gefilmt am Bodensee!), ruft alle Frauen dazu auf, ihr eintöniges Leben hinter sich zu lassen und ihr auf ihrem Piratinnenschiff in eine Welt voller Liebe und Abenteuer zu folgen. Der experimentelle Film gilt als »Angelpunkt queerer Filmgeschichtsschreibung« (arsenal) und wurde in der lesbisch-feministischen Szene eher gespalten aufgenommen. Madame X lief am 15. November 1981 in der Pupille und war die erste Vorstellung des Frauenkinos FFM - eines Kollektivs, das aus den weiblichen Pupillemitgliedern bestand und ab 1981 Kinovorstellungen von Frauen für Frauen organisierte. Im Anschluss an die Wiederaufführung laden wir zu einem Gespräch mit damaligen Mitstreiter*innen ein, die uns von ihrer Arbeit erzählen.
Screening von "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt"
In Kooperation mit der Kinothek Asta Nielsen. In Anwesenheit ehemaliger Mitglieder des Frauenkinos FFM (angefragt).
1974 lädt die Pupille zum ersten Mal politische Studierendenengruppen ein, das Kinoprogramm mitzugestalten. Das Ziel: Filme und Themen beleuchten, die außerhalb des kommerziellen Kinos laufen. Bereits ein halbes Jahr später organisiert die Pupille gemeinsam mit der Gruppe Rote Zelle Schwul (kurz Rotzschwul) die Filmreihe Homosexualität & Gesellschaft am Beispiel im Film, welches als erstes Event seiner Art in Deutschland gilt. Über den April 1975 verteilt werden unter anderem Filme zum Thema »Underground oder Avantgardefilme« gezeigt. Aus diesem Programm zeigen wir Nicht der Homosexuelle ist pervers …, Rosa von Praunheims radikalen Dokumentarfilm über die Sichtbarkeit von Homosexuellen. [Michael Bungardt]
Revisited: Filmreihe "Geschichte & Identität"
Im Mai 1987 findet die Film- und Diskussionsreihe „Geschichte und Identität“ zum "Historikerstreit" in der Camera statt. Veranstaltet von einem Kreis um AStA, Linke Liste, Pupille und Schöne Neue Welt. Dabei wird zum "Historikerstreit" die Singularität des Holocaust und die Frage, welche Rolle dieser für ein identitätsstiftendes Geschichtsbild Deutschlands spielen soll, erörtert. Durch das ausschnittsweise Zeigen aus damals gezeigten Filmen, sowie einer 51-minütigen Dokumentation über die Filmreihe 1987, wird diese Veranstaltung zur doppelten Wiederbegegnung mit Vergangenheit. Wie wird heute auf die Debatte aus den Jahren 1986/87 geschaut?
Zu Gast für eine Diskussion sind einige der damaligen Veranstalter*innen: Friederike Heuer, Peter-Erwin Jansen, Konstanze Mörstorf, Bettina Schulte Strathaus, Tilman Wolf
Ab 18 Uhr im Schopenhauer-Studio: Dokumentation über die Filmreihe "Geschichte & Identität" (BRD 1987)
Zwei Filme laufen zuvor am Nachmittag ab 13.30 Uhr mit kurzer Pause nacheinander in der Pupille:
Wundkanal (BRD/F 1984) Regie: Thomas Harlan, 107 Minuten
Notre Nazi (BRD/F 1984) Regie: Robert Kramer, 116 Minuten
Ein alter Mann wird entführt und von seinen Kidnappern verhört. Dabei wird die Biografie eines Massenmörders freigelegt. Der heute Achtzigjährige war als einer der obersten SS-Führer für die Ermordung von Tausenden von Menschen in der Sowjetunion verantwortlich und "Erfinder" einer infamen Liquidationstechnik der Nazis: des fingierten Selbstmords politischer Gefangener. Thomas Harlan begnügt sich in Wundkanal nicht mit der Rekonstruktion der Geschichte dieses Schreibtischtäters, sondern zieht darüberhinaus Linien vom Nationalsozialismus bis zum Bau der Hochsicherheitstrakte im Stammheimer Gefängnis. Robert Kramer drehte seinen eigenen Film über Harlans provokatives Projekt: Notre Nazi dokumentiert die Dreharbeiten zu Wundkanal, einem sozialen Experiments, in dem Kinder von Opfern und Täter auf einen wirklichen Täter treffen und das über den fiktiven Prozess in Wundkanal hinausweist."
Aufbruch zu Öffentlichkeit. Semesterschauen der Film-Studios
Das Film-Studio an der Goethe-Universität begann in den 1950er Jahren nicht nur mit dem regelmäßigen Betrieb eines Uni-Kinos, sondern stellte auch eigene Filme her. Überliefert sind vor allem die unter dem Titel „Pupille“ veröffentlichten „Semesterschauen“, mit denen auf das vergangene Semester zurückgeblickt wurde. Diese Aufnahmen bieten einzigartige Einblicke in den Alltag und die Kultur der Universität in der Nachkriegszeit. Zugleich dokumentieren sie auf mehreren Ebenen, wie sich die Hochschulkultur in diesen Jahren gewandelt und demokratisiert hat: Einen Aufbruch zu Öffentlichkeit. Wir zeigen ausgewählte Ausschnitte aus den Semesterschauen der 1950er und frühen 1960er Jahre.
Politische (Film-)Arbeit auf dem Campus in den 60er- und 70er-Jahren
In Anwesenheit einiger der damaligen filmstudio-Mitglieder: Claudia von Alemann, Mischka Popp, Burghardt Schlicht.
Dieses Programm gibt einen Überblick über dekoloniale Aktivitäten auf dem Campus und in der studentischen Filmarbeit in den 60er- und Anfang der 70er-Jahre. Während das Bockenheimer Studierendenhaus sich als Standort und Ausgangspunkt für unterschiedliche Demonstrationen erwies, wie auch für anti-imperialistischen Kämpfe, fehlte eine entsprechende Politisierung in der Programmarbeit des filmstudios der frühen Jahre und oft Filme, die dekoloniale Themen vertreten haben. Dies änderte sich mit der Übernahme des filmstudios durch eine kleine Gruppe um Claudia von Alemann von 1969-1972, die sich dem Zeigen von politischen Filmen und dem Verleih von Filmen von Frauen verschrieb. Zur selben Zeit war das filmstudio aber nicht die einzigen, die Filme zeigten. Politische Hochschulgruppen haben immer wieder Filme für ihre anti-imperialistische Arbeit funktionalisiert und im Zusammenhang von Demos oder Teach-Ins gezeigt. [Feven Haile]
AUS EIGENER KRAFT - FRAUEN IN VIETNAM; DEU 1971, 21 min, deu OmeU, R: Claudia von Alemann (Film aus dem Verleih des filmstudios, und Teil der Veranstaltung Filme zur sozialistischen Frauenbewegung vom 18.-19.11.1971.)
THE WOMAN’S FILM (NEWSREEL #55); USA 1971, 41 min, engl OF, 16 mm. R: Women’s Caucus – San Francisco Newsreel (Film aus dem Verleih des filmstudios, und Teil der Veranstaltung Filme zur sozialistischen Frauenbewegung vom 18.-19.11.1971.)
PUPILLE NR. 17 (AUSSCHNITT); DEU 1961, Cliplänge 01:27 min, deu OF, R: Filmclub des filmstudio (Ausschnitt dokumentiert, die von Tirmiziou Diallo organisierte Demonstration vom 02.02.1961 vor dem Studierendenhaus gegen die Ermordung Patrice Lumumbas)