Einleitung zu Bd. 44

Im vorliegenden Band 44 beginnen die chronologisch fortlaufend angeordneten Einträge mit dem 12. Januar 1763 (fol. 1 recto) und enden (fol. 428 verso) mit dem Schluß eines Eintrags zum 31. März 1763. Es handelt sich also um die ersten Monate des Jahres, in dem Senckenberg seine Stiftung gründete.

Die Einträge sind inhaltlich äußerst vielfältig und beschreiben den Mikrokosmos der Stadt Frankfurt ebenso wie den Makrokosmos einer ganzen Epoche: Als aufmerksamer Zeitgenosse hält Senckenberg alles fest, was ihn bewegt und sein Interesse erweckt.
So stehen neben Notaten zum Alltagsleben in Frankfurt nicht zuletzt Aufzeichnungen, in denen sich Senckenberg oft sehr kritisch und mit spitzer Feder mit städtischer, nationaler sowie internationaler Politik und dem Zeitgeschehen auseinandersetzt. Hier fallen die Namen von Vertretern bekannter Frankfurter Familien (Textor, Goethe, Lersner, Bethmann, Holzhausen, Klettenberg, Günderrode), Amtsträgern aus Stadtverwaltung, Ärzteschaft, Schulwesen, Kirche sowie Kaufleuten u.v.a. Nicht selten werden Gespräche mit diesen bzw. über diese wörtlich wiedergegeben, wobei Senckenberg am Anfang eines solchen Eintrags in der Regel seinen Gesprächspartner nennt, worauf dann dessen Ausführungen folgen.
In lebhafter und anschaulicher Manier werden Berichte und Anekdoten über Geschehnisse inner- und außerhalb Frankfurts festgehalten; Schwerpunkte sind Senckenbergs Position gegenüber innerstädtischen Konflikten (z. B. die Stellung der reformierten Gemeinde in Frankfurt und ihr Kampf um ein Gotteshaus in der Stadt), der Siebenjährige Krieg (hier erweist er sich als großer Verehrer des Preußenkönigs und nennt ihn bereits "Fridericus Magnus"); die Querelen im Zusammenhang mit der Einquartierung französischer Truppen in der Stadt bis hin zu deren Abzug. In den Zeitraum der Aufzeichnungen in Band 44 fällt auch der Friede von Hubertusburg am 15. Februar 1763, der von Senckenberg ebenfalls aufmerksam registriert wird. In gleichem Maße finden sich Eintragungen zu Fragen der Gesundheitsversorgung; Patientengeschichten; Notizen über gerade verstorbene Frankfurter Bürger (mit kurzen Lebensdaten, Kranken- bzw. Familiengeschichte etc.); Notate zu den neuesten Erkenntnissen in Fachdisziplinen wie Medizin, Botanik, Physik, Chemie, etc.
Einen weiteren inhaltlichen Schwerpunkt bildet die Wiedergabe von Diskussionen (v.a. mit dem Schulrektor Albrecht und anderen Vertretern der städtischen Bildungsschicht) über Themen wie (zeitgenössische) Theologie, Philosophie, Literatur und vieles mehr.
Hier wie in allen anderen Bänden sind mit diesen Aufzeichnungen zum Mikro- und Makrokosmos seiner Zeit die ganz persönlichen Reflexionen Senckenbergs verbunden, in denen er sich "mit sich selbst" und mit "Gott und der Welt" auseinandersetzt und seinen eigenen Standpunkt verortet.

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