Zum 175. Todestag Louise von Panhuys'
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Louise von Panhuys - zu ihrem 175. Todestag am 18. Oktober 2019

Die Pflanzen- und Landschaftsmalerin Louise von Panhuys wurde 1763 in Frankfurt am Main geboren. Sie entstammte einer adeligen Kaufmannsfamilie. Gefördert durch ihre Mutter Helene Elisabeth Charlotte von Barckhaus-Wiesenhütten, die eine bekannte Persönlichkeit in der Frankfurter Gesellschaft war, erwarb die Tochter eine umfassende Bildung; insbesondere genoss sie eine künstlerische Ausbildung (Görner 1991).

Zwei längere Aufenthalte in England, bei denen sie im Zeitraum 1802 bis 1805 ihren Bruder Karl Ludwig Freiherr von Barckhaus-Wiesenhütten begleitete, boten ihr Gelegenheit, Kontakte zu botanischen Illustratoren zu knüpfen. Im Jahr 1805 heiratete sie den niederländischen Militär und Plantageneigentümer Wilhelm Benjamin van Panhuys.

Mit ihm hielt sie sich in den Jahren 1811 bis 1816 in der Kolonie Surinam auf. Dort befasste sich Louise von Panhuys intensiv mit Botanik, insbesondere mit den Kultur- und Zierpflanzen, die sie auf den Plantagen antraf. Jedoch gehörten auch Wildpflanzen, Landschaften und Landesbewohner zu ihren Motiven.

Wenngleich sie keine akademische Ausbildung genossen hatte, trug ihre Beschäftigung mit der tropischen Pflanzenwelt Surinams wissenschaftlichen Charakter; sicher war dabei die im 17. Jahrhundert in Frankfurt aufgewachsene Naturforscherin und Künstlerin Maria Sybilla Merian «Vorbild und Ansporn» (Görner 1991: 20). Und auch die Tatsache, dass sie ihre in Surinam entstandenen naturkundlichen Zeichnungen 1824 der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft als Schenkung überließ, ist als Ausdruck ihrer wissenschaftlichen Intention zu werten (l. c.: 21).
Heute befindet sich die Sammlung als Dauerleihgabe in der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg und wurde hier im Jahr 2013 digitalisiert, um sie einem größeren Kreis von Interessenten zugänglich zu machen.
Sammlung online

Die Künstlerin hat zu der Sammlung, die sie der SNG übereignete, ein Verzeichnis erstellt, welches ebenfalls digitalisiert vorliegt. Darin sind 25 Landschaftsdarstellungen und 40 Pflanzendarstellungen aufgelistet; es folgen summarische Einträge zu weiteren Konvoluten geringeren Umfangs, die auch Werke von anderer Hand enthielten (vgl. Bestandsverzeichnis bei Görner 1991a). Einige der Landschaftsdarstellungen entstanden nicht in Surinam, sondern auf der Reise dorthin; sie zeigen beispielsweise die Insel Teneriffa.
 

Die sorgfältig ausgeführten, naturgetreuen und sehr detailreichen Pflanzendarstellungen, die Louise von Panhuys in Surinam erstellt hat, blieben unpubliziert und damit weitgehend unbekannt (mit der Ausnahme eines Bildes, das 1821 in abgewandelter Form in einem Reisebericht von Albert Sack erschien; vgl. Dobat 1991). Dies ist in Anbetracht ihrer künstlerischen und wissenschaftlichen Qualität sehr bedauerlich, und es bleibt zu hoffen, dass die digitale Bereitstellung die Bekanntheit der Darstellungen fördert.


Baumwolle - Gossypium barbadense, eine im tropischen Amerika einheimische und im frühen 19. Jahrhundert häufig kultivierte Baumwoll-Art

Ingwer mit Blüte und Stengel - Der aus Asien stammende Echte Ingwer, Zingiber officinale, war im 16. Jahrhundert als Nutzpflanze ins tropische Amerika gelangt.

Panhuys bildete die Pflanzen in Originalgröße ab. Zuerst erstellte sie (meistens mit Bleistift) Umrisszeichnungen, dann kolorierte sie die Darstellungen unter Verwendung von selbst hergestellten Wasserfarben auf pflanzlicher Basis. Die wissenschaftliche Aussagekraft der Darstellungen wird häufig durch simultane Abbildung verschiedener Stadien, zum Beispiel Blütenknospen und geöffnete Blüten, oder durch Beigabe von vergrößerten Details erheblich gesteigert.

Ein Zweig Cimmt nebst Blüte - Abgebildet ist der Ceylon-Zimtbaum, Cinnamomum verum, ebenfalls eine aus Asien nach Surinam eingeführte Nutzpflanze
Eine Identifizierung der Pflanzen mit wissenschaftlichen Artnamen war nicht das vordringliche Ziel der Künstlerin. Aufgrund der Qualität der Darstellungen war es jedoch für Botaniker in späterer Zeit vielfach möglich, die gezeigten Pflanzen bis auf Artniveau zu bestimmen.

Die erste Publikation, die versuchte, Louise von Panhuys' Pflanzendarstellungen durchgängig wissenschaftliche Artnamen zuzuweisen, erstellte 1940/41 der ehemalige Direktor des Frankfurter Botanischen Gartens, Martin Möbius. Bei der Bestimmung wurde Möbius durch Prof. August Adriaan Pulle aus Utrecht unterstützt, der bereits 1906 eine «enumeration of the vascular plants known from Surinam» publiziert hatte und auch an der Herausgabe der vielbändigen «Flora of Suriname» wesentlich beteiligt war.

Eine erheblich detailliertere Darstellung, die neuere botanische Erkenntnisse einschließt und schwer zu identifizierende Pflanzen teilweise ausführlich diskutiert, entstand im Kontext einer Ausstellung der Sammlung Panhuys, die die Senckenbergische Bibliothek 1991/92 durchführte (Dobat 1991).
Am Beispiel des «wilden surinamischen Cacao» (entstanden 1812; Nachlassnummer: P 37) können wir die Qualität von Panhuys' Darstellung im Vergleich mit publizierten Darstellungen aus anderer Hand beurteilen.

Die Erstbeschreibung dieser Art mit dem wissenschaftlichen Namen Pachira aquatica war 1775 in dem Werk «Histoire des Plantes de la Guiane françoise» durch J. B. C. F. Aublet erfolgt; sie enthielt auf zwei Tafeln in Schwarzweiß Zeichnungen eines Zweigstücks, einer Frucht sowie zahlreicher Details aus dem Blütenbereich.

Wenngleich bei Aublet mehr für die Bestimmung relevante Details dargestellt sind, vermitteln die Zeichnungen kaum einen Eindruck der natürlichen Erscheinung der Pflanze. Panhuys ist es gelungen, diese Natürlichkeit zu vermitteln und zugleich ein hohes Niveau an Detailliertheit zu bewahren.
Aublet, Pachira aquatica

In einem 1827 erschienenen Werk von M. E. Descourtilz, «Flore médicale des Antilles», Band 3, findet sich eine weitere farbige Abbildung - sie wirkt im Vergleich mit dem Panhuys-Aquarell deutlich simplifiziert, ja geradezu holzschnittartig.



Abgeschwächt gilt dies auch für die 1847 publizierte Farbabbildung bei Rousselon, in: Annales de Flore et de Pomone, 3e série, Bd. 1, S. 89ff.

Die von Panhuys erreichte Kombination von naturgetreuer Wiedergabe und wissenschaftlicher Detailliertheit war auch in weiteren publizierten Abbildungen der Art nicht gegeben (hier nicht wiedergegebene Beispiele: W. J. Hooker & J. Smith 1850 in Curtis's Botanical Magazine 76, tab. 4549, als 'Pachira longifolia'; E.-A. Carrière 1887 in Revue Horticole 59: p. 156f., als 'Carolinea macrocarpa'; J. Hölscher 1896 in Gartenflora 45, S. 1, als 'Pachira macrocarpa').

Bis heute ist in manchen Fällen die Bestimmung der von Louise von Panhuys gezeichneten Pflanzen offen geblieben; die bessere Zugänglichkeit der Abbildungen wird hier vielleicht zu entsprechenden Hinweisen von Experten führen.



Literatur

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zuletzt geändert am 26. September 2022

Kontakt

Dr. Gerwin Kasperek
Tel. 069/ 798-39365
g.kasperek[at]ub.uni-frankfurt.de

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