Sammlung Deutscher Drucke - Buch des Monats
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Sammlung Deutscher Drucke 1801-1870

Buch des Monats

Oktober 2025

Der untrügliche Wahrsager : interessantes Orakelspiel : Vermächtniß der Madame Marie Lenormand in Paris : mit 9 Bildnissen, als: Marie Lenormand, Giulia Gassendi, Eulalia Boehmer, Nine de la Condamine, Polli Amoretti, Rosa Copernicus, Liddy Adverson, Cathinka Kaprucha, Ilka Kisfaludy : Zweite verschönerte Auflage : Cratz : Verlag des Eduard Ludewig, 1848. – 32 S., 9 ungezählte Bl. Tafeln : Illustrationen

Signatur: W 3263 | Online-Ausgabe

„Der untrügliche Wahrsager“ lautet also der Titel des hier präsentierten Werks. Erstaunlich, wo es doch neun Damen sind, deren hellsichtigen Künste man oder frau hier zu Rate ziehen soll. Diese sind sogar allesamt im Zusatz zum Sachtitel gelistet. Verwiesen wird weiterhin auf ihren jeweiligen Wirkungsort (Paris, Neapel, Leipzig, Brüssel, Mailand, Stockholm, London, Warschau, Pesth) und sogar ihr Konterfei ist beigegeben, ausgeführt als Kreidelithographien. Die Verwirrung mag sich steigern, wenn man feststellt, dass man kein Buch im eigentlichen Sinne in Händen hält (also ein Medium, das man sich lesend und Seiten umblätternd zu Gemüte führt), sondern ein Spiel, genauer gesagt ein „Orakelspiel“ mit mantischem Charakter.

Mittels Karten und vorgefertigten Antworten (insgesamt 298 an der Zahl), erhält man in geselliger Runde Antworten auf weltbewegende Fragen wie etwa „Wodurch kann ich mein Glück machen?“ oder „Wer ist mein wahrer Freund?“ oder „Wird meine Ehe glücklich seyn?“. Die jeweilige Prophezeiung als gereimter Zweizeiler erwürfelt man sich, angeleitet von einem Spielleiter namens Zoroaster (eigentlich ein persischer Priester, auch bekannt unter dem Namen Zarathustra). War man mit der Antwort nicht zufrieden, wird zur Klärung ein zweites Spiel-„Oberhaupt“ tätig, immerhin „Doctor Faust“, soviel Bildung in dieser Scheinwelt muss sein. Näheres dazu in der Spielanleitung.

Die Orakelsprüche lieferten (angeblich) besagte 9 „Zukunfts-Forscherinnen“, wie es weiterhin heißt, zu denen sich nur zu Marie Lenormand weiterführende biographische Informationen finden lassen, was wenig verwundert, war doch die wahrsagende Madame Lenormand (1772-1843) schon zu ihren Lebzeiten einschlägig berühmt und berüchtigt.

Nicht unerwähnt werden soll, dass unter dem Nachnamen besagter Dame noch immer hellseherische Geschäfte betrieben werden, wobei das Kartenziehen als mantische Methode bleibt („Lenormandkarten“ heißt das Deck) und natürlich auch online betrieben werden kann.

Auf dem Umschlag des Druckwerks von 1848 liest man noch den Vermerk „6000 Exemplare Absatz“ (an der Zukunft schien Mitte des 19. Jahrhunderts Bedarf geherrscht zu haben), dabei ist dieses, in der „Zweiten verschönerten Auflage“ von der UB JCS erworbene Exemplar in keiner anderen deutschen Bibliothek nachweisbar. Dieser Widerspruch löst sich auf, wenn man bedenkt, dass laut Spielanleitung zum bestimmungsgerechten Gebrauch des Werkes seine Zerstörung gehörte: "Die ... beigebundenen 9, mit Bildnissen und Fragen enthaltenden Blätter sind abzuschneiden und … auf Kartenpapier aufzuziehen“. Bitte nicht nachmachen! Zum Glück gibt es heutzutage davon ein Digitalisat.

Vorherige Monate

Gebrüder Heller Werkzeugfabriken: Musterbuch aller Eisen- und Stahl-Metall-Waaren welche in und um Schmalkalden verfertigt werden.

Schmalkalden : Gebrüder Heller, [ca. 1870]. - 52 Blätter.

Mappe mit Fragmenten aus Schmalkaldischen Metallwaren-Katalogen

Signatur: F 18/583 | Online-Ausgabe

Der Musterkatalog Werkzeugfabriken Gebrüder Heller in Schmalkalden besticht, obwohl nur fragmentarisch erhalten, durch die Fülle der lieferbaren Objekte: Von einfachen Metallwaren, wie Nägel, Nieten und Haken über Zangen, Hämmer, Bohrer, Schnallen, Häkelnadeln, Messer, Scheren und Korkenziehern bis hin zu Brotschneidemaschinen, Blasebälgen und Waffen. Eine Reihe von Produktbezeichnungen entzieht sich der Einordnung durch den modernen Leser: Wer weiß schon, was sich hinter einem "Pisamhobel", "Aderlassschnepper", "Halbmondeisen" oder "Fummelholz" verbirgt? So gesehen gibt der Schmalkaldische Warenkatalog einen tiefen Einblick in die industrielle Produktion einer der größten deutschen metallverarbeitenden Betriebe des 19. Jahrhunderts. Nicht zuletzt dürfte der großformatige Druck und die Kolorierung der Lithographischen Anstalt Otto Wimmer in Schmalkalden zum Werbeerfolg des Musterkataloges beigetragen haben.

Das Unternehmen wurde 1849 durch den Bohrerschmied Johann Georg Heller gegründet. Als Hellers Söhne die Firma übernahmen, wurde sie in Gebrüder Heller umbenannt. Besonders durch die industrielle Produktion hochwertiger gehärteter Bohrer und Bohrwerkzeuge ab 1928 war Heller weltweit bekannt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Unternehmen in der sowjetischen Besatzungszone verstaatlicht und später als VEB Werkzeugkombinat Schmalkalden weitergeführt. Die enteigneten ehemaligen Eigentümer gründeten im Westen neue Betriebe mit Standorten in Bremen und Dinklage. Nach mehreren Besitzwechseln ist Heller Tools GmbH heute in mehr als 50 Ländern tätig.

Eine gezeichnete Übersichtstafel mit vierzehn kolorierten Werkzeuggriffen

Muhlert, Karl Friedrich: Unterricht in der Schattenconstruction der geometrischen Zeichnung : fuer Zeichnungsinstitute, Architekten und zeichnende Kuenstler : mit dreizehn Kupfern / von dem Verfasser der Schrift: Die Schattirkunst nach optischen Gesetzen; K.F.M. [Karl Friedrich Muhlert].

Leipzig : Magazin fuer Industrie und Literatur, 1826. - 47 Seiten, XIII Blaetter Tafeln : 13 Illustrationen

Signatur: 18/34702 | Online-Ausgabe

„Puh, ich brauche Schatten!“ Im heißesten Monat des Jahres sehnt sich jedermann/jedefrau oft nach einem kühlen Ort. Wie schön wäre es, sollte ein solcher Ort nicht aufsuchbar sein, sich selbst ein schattiges Plätzchen malender- oder zeichnenderweise herstellen zu können. Darum geht es natürlich nicht wirklich im SDD-Buch des Monats August, doch schien das Schatten-Sujet meteorologisch passend, um das schmale Bändchen von Karl Friedrich Muhlert (1790-1830) in unsere Reihe aufzunehmen und knapp vorzustellen.

Über das Leben des Autors ließ sich nur wenig ermitteln. Gemäß der "Großen Enzyklopädie des mechanischen Rechnens" erfand Muhlert eine Addiermaschine, eine Vergleichungswaage, eine Messcheibe sowie ein Instrument für die praktische Trigonometrie. Hervorgetreten als Zeichner ist er mit nicht wenigen Werken im Kontext von Konstruktionskunst-Selbstlern-Büchern wie auch Lehrbüchern für Schüler sowie Zuarbeiten für geografische Werke (u.a. mit Zeichnungen für Atlanten). Neben der Textgattung (Zeichenlehre) ist auch das Thema (Schattenkonstruction) nicht so rar, wie man denken könnte; in der Sammlung Deutscher Drucke 1801-1870 gibt es eine ganze Reihe von Anleitungen für angehende Künstler oder Angehörige zeichnerischer Berufe. In Muhlerts Vorwort heißt es: „Ein Lehrbuch soll aber nicht bloß die Wissenschaft oder Kunst rein und wahr vortragen, sondern auch durch Methode und Sprache den Unterricht deutlich machen. Diese mußte hier für allgemeine Verständlichkeit frei von fremden, wenig bekannten Wörtern und einem streng wissenschaftlichen Ausdrucke seyn (…).“ Muhlert übererfüllt allerdings seine Forderungen, lesen sich seine Ausführungen doch ziemlich spröde. Profitieren könnten davon dennoch Schlagschatten-Exeget*innen ebenso wie Erforscher*innen der Geometrie-Geschichte und deren Nutzen für die Mal- und Baukunst. Dabei helfen immerhin dreizehn Seiten an Abbildungen.

Praktischen Gewinn mit Blick auf die eingangs erwähnte Hoffnung, auf Basis der Lektüre ein schattiges Plätzchen selbst erstellen zu vermögen, um der heißen August-Sonne zu entgehen, lässt sich leider doch nicht ziehen, doch mag beim ein oder anderen Neugier und Ehrgeiz geweckt worden sein, mehr über den produktiven Verfasser wie auch über die Zeichenlehre im frühen 19. Jahrhundert herauszufinden.

Album der Taunus-Baeder : eine Sammlung der interessantesten Ansichten von Wiesbaden, Ems, Schwalbach und Schlangenbad = Les bains du Taunus = The Taunus Spas / verl. von Carl Juegel ; in Stahlstichen nach Zeichnungen von J. Dielmann.

Frankfurt am Main : Juegel, 1845. - 36 ungez. Blaetter : nur Ill. Bildunterschriften dt. u. franz.

Signatur: 18/24148 | Online-Ausgabe

Das „Album der Taunus-Bäder“ zeigt auf 36 Stahlstichen pittoreske Ansichten der Kurorte Wiesbaden, Ems, Schwalbach und Schlangenbad, die im 19. Jahrhundert weltweite Bedeutung erlangten. Wer etwas auf sich hielt und es sich leisten konnte, fuhr zur Kur in den Taunus. Der dreisprachige Titel und die Bildunterschriften in deutscher und französischer Sprache lassen bereits auf ein internationales Publikum als Zielgruppe schließen. Das „Album“ ist ein typisches Erzeugnis des Frankfurter Verlegers Carl Christian Jügel (1783-1869), der sich fast ausschließlich auf touristische Ansichtenwerke und dekorative Grafik spezialisiert hatte. Insbesondere seine Werke zu Rhein, Nahe und Mosel, aber auch die vorliegenden Ansichten zu den Taunus-Bädern atmen auch in den 1840er Jahren noch den Geist der Romantik und waren ein beliebtes Mitbringsel von der „Grand Tour“.

Die Zeichnungen für die Stahlstiche schuf der Maler Jakob Fürchtegott Dielmann (1809-1885), der seit 1842 in Frankfurt ein Atelier in der Städelschule betrieb. Später gründete Dielmann zusammen mit Anton Burger die Kronberger Malerkolonie. Dielmanns Zeichnungen wurden von Wilhelm Lang und R. Dawson gestochen.

Im Exemplar der UB Frankfurt haben sich verschiedenfarbige originale Einlegepapiere erhalten, die die Grafiken schützen und die Attraktivität des Albums erhöhen.

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zuletzt geändert am 29. September 2025