Nachlass Julius Stockhausen
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Nachlass Julius Stockhausen

Die Rothschildsche Bibliothek (Vorgängerinstitution der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg) konnte einen Teil des Nachlasses des Sängers (Bariton), Gesangspädagogen und Dirigenten Julius Stockhausen bereits zu dessen Lebzeiten erwerben (v.a. Musikdrucke). 1957 kamen noch Briefe und Musikhandschriften als Schenkung durch die Tochter Stockhausens, Julia Wirth, hinzu.

Bild Stockhausen Julius Stockhausen (geb. 22.7.1826, gest. 22.9.1906), Sohn des Harfenisten und Komponisten Franz Stockhausen sen. und der elsässischen Sopranistin Margarethe Stockhausen geb. Schmuck, genoss als Kind eine umfangreiche Ausbildung an verschiedenen Instrumenten (u. a. Klavierunterricht bei Karl Kienzl). Er studierte zunächst am Pariser Conservatoire bei Elwart (und Nagiller) Harmonielehre, Gesang bei Ponchard, bei Charles Hallé und Stamaty Klavierspiel, danach Gesang bei dem berühmten Lehrer Manuel García jr. in Paris und später in London, wo er stark durch Jenny Lind beeinflusst wurde. 1848 bestritt Stockhausen sein erstes größeres Konzert in Basel (Elias), 1849 sang er vor Königin Victoria von England. 1852/53 trat Stockhausen am Hoftheater von Mannheim als 2. Bariton auf; 1856-59 gehörte er der Pariser Opéra Comique an. In der Folgezeit war der Künstler als reisender Konzertsänger tätig und begeisterte u.a. in Köln und Leipzig in Schumanns Faust.

Daneben entfaltete er eine rege Dirigiertätigkeit als Leiter der Philharmonischen Konzerte und der Singakademie in Hamburg (1862-67) sowie des Sternschen Gesangvereins in Berlin (1874-78).

1869/70 war Stockhausen Kammersänger am Stuttgarter Hof, wo ihm zugleich die Inspektion über den Gesangsunterricht an den öffentlichen Lehranstalten des Königreichs Württemberg übertragen wurde. Er gab zudem während der ganzen Zeit Konzert- und Liederabende, u.a. mit Clara Schumann, Johannes Brahms sowie den Violinisten Joseph Joachim und Joseph Wilhelm.

1878 wurde er als Gesangspädagoge an das neubegründete Hochsche Konservatorium in Frankfurt am Main berufen. Unüberbrückbare Meinungsverschiedenheiten mit Joachim Raff, dem Direktor, führten bereits 1880 zu seinem Rücktritt. Seitdem leitete Stockhausen - von einer kurzen Rückkehr an das Konservatorium 1883/84 unter Raffs Nachfolger Bernhard Scholz abgesehen - bis zuletzt eine eigene, angesehene Gesangschule in Frankfurt.

Von seiner Tätigkeit als Gesangspädagoge zeugen zahlreiche Lehrbücher, u.a. seine Gesangs-Methode (1884) und Gesangs-Technik und Stimmbildung (1886/87).

Stockhausen war der bedeutendste Lieder- und Oratoriensänger seiner Zeit; berühmt war v.a. seine Interpretation von Schuberts Schöner Müllerin [4.5.1856 in Wien erste Darbietung des gesamten Zyklus' an einem Abend!] und Winterreise sowie seine Auftritte als Christus in J. S. Bachs Matthäuspassion.

Mit J. Brahms eng befreundet - obwohl er diesem durch seine Anstellung den Dirigentenposten in Hamburg verwehrte - setzte sich Stockhausen als einer der ersten für dessen Lieder ein. Brahms widmete ihm eigens seine Romanzen aus Tiecks Magelone op. 33, die er 1862 in der Uraufführung sang. Er wirkte auch bei der Uraufführung des Deutschen Requiems in Bremen mit (10.4.1868). Von der Freundschaft zu Brahms zeugt der beiderseitige Briefwechsel (ed. R. Hofmann, Tutzing 1993).

Auch als Gesangslehrer war er hoch geschätzt, nur vergleichbar mit Manuel García Vater und Sohn, Mathilde Marchesi oder Pauline Viardot-García. Zu seinen berühmtesten Schülern zählen u.a. der niederländische Bariton Johannes Messchaert, Hermine Spiess und Max Friedländer.

Nachlass:

Die wertvollsten Stücke aus Stockhausens Nachlass, insbesondere die Musikautographen, wurden nach dessen Tod durch eine Auktion verstreut [Katalog des Auktionshauses vorh., Sign.: Bio 499/350].Der Teilnachlass in der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg setzt sich wie folgt zusammen:

  • Insgesamt 843 Briefe an Stockhausen, seine Ehefrau Clara und seine Familie von namhaften Persönlichkeiten des europäischen Musiklebens (darunter allein 120 von Clara Schumann!),
  • Familienkorrespondenz: Briefe an seine Eltern [auch als Mikrofilm vorh.: Briefe Nr. 1-557 aus den Jahren 1835-77; Sign.: MF 20852],
  • Tagebuch von Julius Stockhausen (Autograph) [vorh. auch als Mikrofilm; Sign.: MF 20851],
  • 159 Bände mit Musikdrucken eigener und fremder Werke (51 Titel),
  • 7 Musikhandschriften eigener Werke (Lieder für Solostimme und Klavier, z.T. auch mit Orchester).

Dazu kommen noch einige Konzertprogramme, eine kleine Sammlung von Kritiken über Stockhausen, weitere Briefe von Stockhausen, Drucksachen, Orden und Auszeichnungen.

Katalog:

Es existiert ein separater Katalog der Briefe (mit knappen Inhaltsangaben und Informationen zu den Absendern) im Loseblatt-Ordner; die Musikhandschriften und Musikdrucke sind in den jeweiligen Zettelkatalogen verzeichnet.

Literatur (Auswahl):

Art. Stockhausen, Julius u.a. in: MGG (1. Aufl.), New Grove (2. Aufl.), Riemann (11. u. 12. Aufl.), Honegger/Massenkeil: Das große Lexikon der Musik, Kutsch/Riemens: Großes Sängerlex. (3. Aufl.), Frankfurter Biographie.
Cahn, Peter: Das Hoch'sche Konservatorium in Frankfurt am Main (1878-1978). - Frankfurt am Main : Kramer, 1979 [bes. S. 42ff., 70f., 73ff., 85ff.].
Ders.: Zur Vorgeschichte und Frühzeit des Hoch'schen Konservatoriums. In: Stiftung Dr. Hoch's Konservatorium. Joseph Hoch zum 100. Todestag. - Frankfurt am Main : Kramer, 1974, S. 37-53.
Gerold, Theodor: Julius Stockhausen. Ein Nachruf. In: Die Musik 6 (1906/07), 3, S. 162-165.
Timberlake, Craig: The quintessential German lieder singer Julius Stockhausen (1826-1906). In: NATS Journal 46 (1989/90), March, S. 17-21.
Ders.: Julius Stockhausen and his "Method of singing". Ebd., May, S. 25ff.
Wirth-Stockhausen, Julia: Julius Stockhausen : der Sänger des deutschen Liedes ; nach Dokumenten seiner Zeit / dargestellt von Julia Wirth geb. Stockhausen. - Frankfurt am Main : Englert und Schlosser, 1927. - (Frankfurter Lebensbilder ; 10) [mit Ed. zahlr. Briefe, Repertoire, Werkverz., Ill.].
Dies.: Friedrich Chrysanders Briefe an Julius Stockhausen. In: Die Musikforschung 7 (1954), S. 176-199.

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zuletzt geändert am 26. September 2022

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