Nachlass Richard Weichert
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Nachlass Richard Weichert

1964 konnte die Stadt- und Universitätsbibliothek den Nachlass des Regisseurs und Intendanten Richard Weichert (geb. 22. 5. 1880, gest. 15. 11. 1961) von dessen Witwe erwerben. Dazu kam 1985 noch eine Schenkung durch die Tochter Sieglinde Weichert.

Bild Weichert Weichert begann seine Karriere als Schauspieler in Meiningen und gelangte noch vor 1910 nach Düsseldorf, wo er durch Luise Dumont und Gustav Lindemann zu seiner eigentlichen Berufung, zur Regie, fand. 1914-19 war Weichert Oberspielleiter in Mannheim unter Hagemann, 1919-29 Oberspielleiter bzw. Schauspielintendant in Frankfurt am Main (als Nachfolger von Carl Zeiß).

Während dieser Zeit verband ihn eine erfolgreiche gemeinsame künstlerische Arbeit mit dem Bühnenbildner Ludwig Sievert (1887-1966, Nachlass ebenfalls in der UB Frankfurt) [s. Lit.]. Ein Zeugnis dieser Arbeit ist die Inszenierung von Hölderlins Tod des Empedokles (26.3.1920).

Weichert wirkte nach einer längeren Gastspieltätigkeit in Wien und Leipzig während der Spielzeit 1932/33 als Schauspieldirektor am Staatstheater München, danach bis 1944 an der Volksbühne Berlin [Gastspiele an der Städt. Oper Berlin, bei den Heidelberger Festspielen und in Straßburg], kehrte aber 1947 nach Frankfurt zurück und verhalf hier bis 1952/53 dem Theater als Direktor des Schauspielhauses zu einem Neubeginn (Nachfolger Impekovens).

Weichert gilt als eine zentrale Gestalt des deutschen expressionistischen Theaters, ohne dass er auf diese Strömung einzuengen wäre. Seine Inszenierungen zeichneten sich vor allem dadurch aus, dass er Darsteller simultan oder in stilisierten Posen spielen ließ und Bewegung und Gegenbewegung mitunter geometrisch arrangierte. Sein Theater ist prinzipiell antinaturalistisch und antiillusionistisch angelegt. Bei der von ihm bevorzugten dramaturgischen Durchdringung des Bühnenraums konnte Weichert auf die Leistungen Sieverts bauen (Weiterentwicklung der Licht- und Raum-Ideen von Appia und Craig).

Unter Weichert, seinem Vorgänger Zeiß und Nachfolger Kronacher erlebten die Frankfurter Städtischen Bühnen von 1917 bis zur "Machtergreifung" der Nationalsozialisten ihre Glanzzeit (sog. Frankfurter Expressionismus mit spezifischem Frankfurter Stil, einhergehend mit einer intensiven Förderung der zeitgenössischen Dramatik (Uraufführungen mehrerer Stücke von Georg Kaiser, Carl Sternheim, Bronnen, Klabund, Zuckmayer, Fritz von Unruh, Kokoschka, Friedrich Wolf, Tagore, Otto Zoff etc.) sowie junger Schauspieler wie Heinrich George, Carl Ebert, Toni Impekoven, Fritta Brod oder Gerda Müller, die teilweise von Weichert entdeckt wurden. Das Ensemble galt in den Zwanziger Jahren als eines der Besten in ganz Deutschland. Auch klassische Werke wurden an den Städt. Bühnen expressionistisch interpretiert, die Autoren des Sturm und Drang und vor allem der junge Goethe wiederentdeckt (Uraufführung des Urfaust 8.5.1918). Die Aufbauarbeit nach dem Zweiten Weltkrieg war trotz aller finanzieller und räumlicher Hindernisse erneut durch große Bühnenerfolge geprägt (u.a. Borcherts Draußen vor der Tür, Zuckmayers Gesang im Feuerofen und zum 200. Geburtstag Goethes Götz von Berlichingen (Urgötz).

Nachlass:

Der Nachlass Richard Weicherts umfasst Dokumente aus seiner gesamten Bühnenlaufbahn, nicht nur der Frankfurter Zeit. Den wertvollsten (Kern-)Bestand bilden die 129 minutiös ausgearbeiteten Regiebücher (z.T. mit Beilagen, Widmungen der Autoren; einige auch als Mikrofiches vorhanden).

Sie werden durch etwa 180 Mappen mit Materialien zu Weicherts eigenen und fremden Inszenierungen ergänzt. Diese enthalten u.a.: Aufzeichnungen, Briefe (Korrespondenz mit Autoren, Kritikern, Schauspielern), Regiepläne, Bühnenbild- und Kostümskizzen, Szenenfotos, Plakate, Theaterzettel (Programme), Aufsätze bzw. Vortragsmanuskripte und Zeitungsausschnitte (Kritiken zu Aufführungen von in- und ausländischen Bühnen, einzelnen Künstlern, zur Theaterszene, zu Rundfunkbeiträgen Weicherts etc.) [besonders umfangreich zu Shakespeare-Stücken!].

Auch Weicherts eigene Bibliothek (Monographien und Zeitschriften, überwiegend zum Themengebiet Theater), eine Sammlung gedruckter Textbücher, die allgemeine Korrespondenz, Manuskripte und persönliche Dokumente verschiedenster Art (Glückwunschschreiben, Festschriften, Schulzeugnisse, Familien-/Porträtfotos, Orden und Ehrenzeichen, Abgüsse) sind im Nachlass erhalten.

Ergänzt wird der persönliche Nachlass durch das Archiv der Städt. Bühnen, das insbesondere für die zweite Frankfurter Zeit von Richard Weichert wichtige Dokumente bereithält, sowie die Sammlung des Theaterhistorikers Albert Richard Mohr.

Katalog:

Es existiert ein eigener Katalog (separater Zettelkatalog sowie Leitzordner) mit Inhalts- und Aufstellungsübersicht zum Archiv Weichert (zu erfragen bei der LS-Aufsicht.



Literatur

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zuletzt geändert am 15. Oktober 2024

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