Geschichte der Musikabteilung
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Geschichte der Musikabteilung

Die "Ära Schmieder"

Dr. Wolfgang Schmieder (1901-1990), der seit April 1942 als Fachreferent für Musik bei der StUB angestellt war, fing im Januar 1947 an, konkrete Pläne für den Aufbau einer Musikabteilung zu machen. Bisher hatte es nur eine Sonderabteilung in der StUB gegeben, die Abteilung Frankfurt, die bis zum Kriege auch die Frankfurter Kirchenmusiksammlung und die Opernsammlung betreute.

Die Raumnot nach Kriegsende ließ keine separate Aufstellung der Bestände der Rothschildschen Bibliothek und des Manskopfschen Musikhistorischen Museums mehr zu. Aus dieser Not wurde durch die Schaffung der Musikabteilung mit zentralen Nachschlageinstrumenten und später auch zentraler Aufstellung der Musik- und Theatersammlungen eine Tugend. Die Musikabteilung zog im Mai 1948 in den ersten Stock der Bibliothek. Jedoch erst im März 1951 konnte ein Musiklesesaal eröffnet werden, der anfangs täglich von 9-12 Uhr den Benutzern zur Verfügung stand.

1955 wurde mit der Neukatalogisierung der Rothschild-Bestände (Signatur Mus) begonnen.

Schmieder beauftragte Mitte 1947 seine Mitarbeiterin, Frau Hildegard Hüttermann, Exzerpte aus Musikzeitschriften zu erstellen. Der umfassende Sammelauftrag der Deutschen Bibliothek (noch unter dem Dach der Stadt- und Universitätsbibliothek) erleichterte ihm die Erfassung der deutschsprachigen Literatur. Seit 1953 wurde von Schmieder auf dieser Grundlage die Bibliographie des Musikschrifttums erstellt, die 1936 im Auftrag des Staatlichen Instituts für Musikforschung von Dr. Kurt Taut und Georg Karstädt begonnen worden war. Schmieder betreute die Bibliographie bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1963 (Berichtsjahr 1957/58), danach gab er die Arbeit an das Staatliche Institut für Musikforschung (Preußischer Kulturbesitz) in Berlin zurück.

1960 wechselte Frau Hüttermann zum Hessischen Zentralkatalog und wurde in der Musikabteilung durch Frau Elisabeth Schaaf abgelöst.

Schmieder ist berühmt geworden durch sein schon in den vierziger Jahren begonnenes, erstmals 1950 veröffentlichtes Bachwerkeverzeichnis (BWV), das später in acht unveränderten Nachdrucken und 1990 in einer erweiterten Auflage erschien. Daneben erarbeitete er mit Unterstützung durch Frau Hüttermann und später Frau Schaaf ab 1953 eine Bachbibliographie, die in mehreren Teilen im Bachjahrbuch abgedruckt wurde (Das Bachschrifttum 1945-1952 und Das Bach-Schrifttum 1953-1957).

Dr. Schmieder ging 1963 in den Ruhestand und lebte bis zu seinem Tode (Nov. 1990) in Freiburg/ Breisgau.

 

Die "Ära Büthe"

Als Nachfolger Schmieders wurde von Bibliotheksdirektor Köttelwesch - um den Bereich Theater zu fördern - ein Theaterwissenschaftler ausgewählt, Dr. Otfried Büthe. Er war nach seinem Studium (Theaterwissenschaft, Germanistik, Musikwissenschaft) zunächst Assistent an der Universität Mainz, wo er noch längere Zeit wohnte, und ab 1960 unter Intendant Harry Buckwitz Dramaturg an den Städtischen Bühnen Frankfurt. (Die Auswahl der Stücke für alle drei Sparten sowie die Spielplangestaltung und Absprachen Schauspielern und Sängern waren überwiegend Sache der Dramaturgen. Fast alle Programmhefte zu Oper, Schauspiel und Ballett aus den Jahren 1960/61 bis 1963/64 entstanden unter der Schriftleitung des Teams Dr. Helmut Krapp, Dr. Otfried Büthe, Rudi Seitz.)

Der Umzug der Stadt- und Universitätsbibliothek in das neue Gebäude an der Bockenheimer Landstraße fand im Winter 1964/65 statt. Büthe war maßgeblich an der Einrichtung des neuen Musiklesesaals inklusive der technischen Ausstattung (Hörkabinen) beteiligt. Die Musikabteilung wurde nun Musik- und Theaterabteilung genannt. Der Bereich der Theaterwissenschaft sollte aufgrund der reichhaltigen Altbestände in diesem Bereich als Sondersammelgebiet im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft von der StUB besonders gepflegt werden. Die Zeit, in der Büthe die Abteilung leitete, ist einerseits geprägt durch die Erwerbung mehrerer bedeutender Nachlässe aus dem Bereich Theater und Musik, u. a. der Nachlässe des Regisseurs Richard Weichert und des Bühnenbildners Ludwig Sievert, wobei ihm persönliche Bekanntschaften aus seiner Dramaturgenzeit zugutekamen. Andererseits ist sie geprägt durch zahlreiche große Ausstellungen, die sowohl in der Bibliothek, als auch in anderen Frankfurter Institutionen (v. a. der Jahrhunderthalle Höchst) bzw. in Goetheinstituten im Ausland stattfanden.

1963    Friedrich Hebbel
Shakespeare auf deutschen Theatern seit 1945
1965    Theater in der Bundesrepublik
Paul Hindemith : Emigration u. Rückkehr nach Europa (Ausstellungsraum der StUB)
1966    Franz Kafka
1967    Bert Brecht heute auf deutschen Bühnen
Frankfurt und Telemann (Vortragsraum und Flur, 3. OG der StUB)
Engelbert Humperdinck und seine Märchenopern
1968    Plakat und Karikatur zu Theater und Konzert (Jahrhunderthalle Höchst)
Zwei Brecht-Ausstellungen (Ausland)
1969    Friedrich Nicolas Manskopf zum 100. Geburtstag
Die Diaghilew-Ballette 1909-1929 (Jahrhunderthalle Höchst)
1970    Shakespeare auf deutschen Bühnen als Tradition und Experiment 1920-1970 (StUB: Ausstellungsraum, Eingangshalle, Treppenhaus Hauptgebäude und 3. OG, u.a. mit Leihgaben von Friedrich Dürrenmatt)

Im Rahmen von Jubiläumsfeierlichkeiten wirkte Büthe auch bei Filmen des Hessischen Rundfunks über Paul Hindemith (1965) und Georg Philipp Telemann (1967) mit. Büthe veröffentlichte begleitend zu den Ausstellungen Beihefte bzw. Artikel in Zeitschriften. Dazu kommt ein in seinem letzten Lebensjahr veröffentlichter Band mit Gedichten, Sichel versäumter Stunden (Darmstadt 1970), die später von verschiedenen Komponisten vertont wurden. Büthe starb im Alter von nur 42 Jahren.

 

Das "Interregnum Wenzel"

Die Leitung der Musik- und Theaterabteilung übernahm der Kunsthistoriker Dr. Werner Wenzel, der gerade seine Bibliotheksreferendariat in der Stadt- und Universitätsbibliothek beendet hatte. Zusammen mit dem als Hilfskraft angestellten Theaterwissenschaftsstudenten Thomas Siedhoff erarbeitete er 1973-75 eine neue Aufstellungssystematik für den Lesesaal Musik und Theater. Thomas Siedhoff katalogisierte auch die ca. 500 Stück umfassende Sammlung der Bühnenbildentwürfe. 1973 wurden 15 000 Theaterprogrammhefte deutscher Bühnen erworben, 1976 3500 Bühnenmanuskripte.

Dr. Wenzel übernahm Anfang 1977 die Leitung der Abteilung Frankfurt und behielt die Fachreferate Architektur und Kunst sowie das Sondersammelgebiet Theater-/ Filmwissenschaft. Er ging im März 1996 in den Ruhestand.

Publikationen (Auswahl):

Werner Wenzel, Die Stadtbibliothek von 1668-1884. In: Fünfhundert Jahre Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main, Frankfurt 1984, S. 57-117

Werner Wenzel, Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main/ Musik- und Theaterabteilung. In: Theatersammlungen in der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West), Berlin 1985, S. 49-54 (Kleine Schriften der Gesellschaft für Theatergeschichte; 33) [zusammen mit H. Schaefer]

 

Die "Ära Schaefer"

Schon als Referendar lernte Dr. Hartmut Schaefer nach seinem Studium der Musikwissenschaft, Germanistik und Geschichte 1971-73 die Musik- und Theaterabteilung der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt gründlich kennen. Von 1973 leitete er zunächst in Kooperation mit Dr. Wenzel die Musik- und Theaterabteilung. In seiner Zeit als Abteilungsleiter wurden zwei große Katalogisierungsprojekte beantragt und durchgeführt, die Erfassung der kirchlichen Musikhandschriften und die Katalogisierung der Opernsammlung.

Mitte des Jahres 1975 begann der Musikwissenschaftler Joachim Schlichte in Zusammenarbeit mit Dr. Schaefer im Auftrag der DFG mit der Katalogisierung des umfangreichen Bestandes der kirchlichen Musikhandschriften, die sich bis 1977 erstreckte. Der Thematische Katalog der kirchlichen Musikhandschriften des 17. und 18. Jahrhunderts in der Stadt- und Universitätsbibliothek erschien 1979. Noch im gleichen Jahr begann Schlichte in Zusammenarbeit mit Dr. Schaefer - ebenfalls durch die DFG finanziert - mit der Erfassung der ca. 270 Regalmeter und über 1000 Titel umfassenden Opernsammlung der Städtischen Bühnen Frankfurt. Dieses Projekt wurde ab 1981 von Robert Didion weitergeführt.

Weitere von Robert Didion durchgeführte Katalogisierungsprojekte waren 1988/89 die Erfassung der Haydn-Sammlung und des Bestandes der Capella Fuldensis für das RISM. Durch Schaefer erfolgte mit den seit Ende der siebziger Jahre reichlicher zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln ein wohldurchdachter, großzügiger Bestandsaufbau. Planmäßig wurden bisher fehlende und neu erscheinende Gesamtausgaben, Denkmälerreihen und Einzelausgaben zeitgenössischer Komponisten erworben. Dazu kamen eine Reihe weiterer Nachlässe mit Frankfurt in Verbindung stehender Musiker und Musikwissenschaftler.

Der vorhandene Bestand der Musik- und Theaterabteilung (u. a. die Signaturengruppen Ms. Ff. Mus., Mus. pr., Mus. Hs., Mus. Hs. Opern) wurde durch gründliche Revisionen, Korrekturen und Umarbeitungen gepflegt und besser zugänglich gemacht. Wichtige Altbestandsgruppen wurden komplett verfilmt. Ausstellungen:

1978    Friedrich Nicolas Manskopf 1869-1928
1979    Komponisten in Frankfurt am Main
1980    Mozart in Frankfurt am Main (Städtische Bühnen und Stadt- und Universitätsbibliothek)
1981    Komponisten in Frankfurt am Main (2. Folge)

Begleitend zu den Ausstellungen fanden mehrmals musikalische Veranstaltungen auf modernen und historischen Instrumenten des Manskopfschen Museums statt.

 

Die neunziger Jahre (Kersting)

Die neunziger Jahre sind in Bezug auf den Erwerbungsetat geprägt durch Umstrukturierungen. Die Zahl der laufend gehaltenen Zeitschriften musste reduziert werden, der Umfang der Erwerbung von Monographien und Noteneinzelausgaben wurde eingeschränkt, damit zumindest die laufenden Reihen (Musica practica wie auch Literatur über Musik) gehalten werden können. Die Ausstellungen müssen mit einfacheren Mitteln als bisher gestaltet werden. Dafür wurde der Einsatz neuer technischer Verfahren wesentlich erweitert. Bereits 1986 wurde die Formalkatalogisierung der StUB auf EDV umgestellt. Theaterprogramme deutschsprachiger Bühnen werden seit 1992 per EDV katalogisiert, Korrespondenz kann seit 1995 per E-Mail erledigt werden, zahlreiche Bibliographien und Kataloge stehen inzwischen auf CD-ROM zur Verfügung. Ausstellungen:

1992    Albert Richard Mohr und seine Sammlung in der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main
1994    Lino Salini: Musikerkarikaturen
1994    Hundert Jahre "Hänsel und Gretel" von Engelbert Humperdinck
1994    Georg Philipp Telemann in Eisenach und Frankfurt/Main
1995    Paul Hindemith und das Ronnefeldsche Puppentheater
1996    Clara Schumann zum 100. Todestag
1997    50 Jahre Musik- und Theaterabteilung der Stadt- und Universitätsbibliothek
1999    Richard Strauss zum 50. Todestag

 

Ab 2000 (Kersting-Meuleman)

Das erste große Projekt im neuen Jahrtausend war die Digitalisierung der Porträtsammlung F. N. Manskopf mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Ausgewählt wurden rund 17.600 Original-Graphiken und -Fotographien, die sicherheitsverfilmt, gescannt und im Onlinekatalog erschlossen wurden.

Das zweite große, auch von der DFG geförderte Projekt ist der Aufbau einer Virtuellen Fachbibliothek Medien, Bühne, Film in Kooperation mit der Universitätsbibliothek Leipzig 2006-2013. In drei Projektförderphasen wurden die Module Metasuche, Bibliothekskataloge, Internetquellen, Aufsatzdatenbanken, Nationallizenzen, Bibliographien, E-Journals und Datenbanken entwickelt, gepflegt, erweitert und durch Recherchehilfen (Hilfetexte und System LOTSE) sowie eine englische Benutzeroberfläche ergänzt.

http://www.medien-buehne-film.de

Ein bibliothekseigenes Digitalisierungsprojekt betrifft die Librettosammlung F. N. Manskopf, die nach und nach auf dem Publikationsserver der UB veröffentlicht wird.

In digitale Form gebracht wurden auch ein Großteil der Nachlassverzeichnisse und abteilungsbezogenen Zettelkataloge. Hervorragend darunter ist der Nachlass des Frankfurter Komponisten Kurt Hessenberg, der sich seit 1997 als Dauerleihgabe in der Abteilung befindet.

Regelmäßig finden kleinere und größere Ausstellungen statt, oft in Kooperation mit Frankfurter Bürgern, Institutionen oder dem Musikwissenschaftlichen Institut der Universität.

2002    Telemann und die Blumen
2003    Johann Andreas Herbst : Städtischer Musikdirektor in Frankfurt am Main
2004    Engelbert Humperdincks Bühnenwerke : Ausstellung zum 150. Geburtstag des Komponisten
2005    Applaus für die Notbühne : Der Wiederaufbau der Frankfurter Oper […] 1945-1951
2007    60 Jahre Abt. Musik, Theater, Film der Universitätsbibliothek
2008    "…weil ich die Möglichkeiten der Tonalität noch nicht für erschöpft halte" :
zum 100. Geburtstag des Frankfurter Komponisten Kurt Hessenberg (1908-1994)
2011    Ferdinand Hiller (1811-1885) zum 200. Geburtstag
2012    Telemann in Frankfurt am Main - 20 Jahre Frankfurter Telemann-Gesellschaft e.V.
2012    Dokumente zur Frankfurter Musikgeschichte
(anlässlich der Jahrestagung der AIBM Gruppe Deutschland in Frankfurt am Main)
2014    Richard Strauss - (k)ein Heldenleben (zum 150. Geburtstag des Komponisten)
2014    Der Opernreformer Christoph Willibald Gluck – Überlieferung und Rezeption seiner Werke (zum 300. Geburtstag des Komponisten)

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zuletzt geändert am 26. September 2022

Kontakt

Dr. Ann Kersting-Meuleman
Tel: 069/ 798-39245
a.b.kersting-meuleman[at]
ub.uni-frankfurt.de


Brigitte Klein
Sonja Pielat
Anne Wibrow
Tel. 069/ 798-39244
slg-musik-theater[at]ub.uni-frankfurt.de

Lesesaal Spezialsammlungen
Mo. - Fr. 10:30 - 16:30 Uhr
Tel.: 069/ 798-39398
ls-spezialsammlungen[at]ub.uni-frankfurt.de
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